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Frischer Wind für Eure Musiksammlung Vol. II
Im vergangenen Sommer war ich bei einer Lesung zweier Autorinnen während des Literaturfestivals „Insert Female Artist“ (https://insertfemaleartist.de/) mit anschließender Diskussion und Publikumsgespräch. Die beiden Autorinnen Deniz Ohde und Kaska Bryla waren herausragend und ihre Bücher, die ich sofort kaufte und las, fanden umgehend ihren Platz sowohl in meinem heimischen Bücherregal als auch auf meiner persönlichen Lieblingsbücherliste.
Das anschließende Publikumsgespräch und die Diskussion waren sehr aufschlussreich. Unter anderem wurde in einem Nebensatz die ältere Schwester von Wolfgang Amadeus Mozart erwähnt, Anna Maria, genannt Nannerl. Meine geneigte Leserschaft möge es mir verzeihen, falls ihr dies bereits bekannt ist, mir war die Information neu, aber Nannerl galt ebenfalls als hochbegabt und reiste mit ihrem jüngeren Bruder im Duo durch Europa, bis der Ehestand ihrer Tätigkeit als Musikerin ein Ende bereitete. Düstere Zeiten, kann man da nur sagen. ;-)
Die Frauen, um die sich dieser Text heute drehen soll, müssen sich Gott sei Dank um prüde und überkommene Moralvorstellungen keine Gedanken mehr machen. Ihnen stehen die Bühnen dieser Welt offen und wir dürfen uns von ihrem Können, ihrer großartigen Ausstrahlung und ihrer Kreativität begeistern und uns von ihrer teils überbordenden Energie mitreißen lassen.
Zwar berichten etwa die drei Schwestern der kalifornischen Rockband Haim immer noch, dass ihnen für einen Auftritt bei einem Musikfestival einmal zehn(!)mal so wenig gezahlt werden sollte, wie einer aus Männern bestehenden Rockband (sie trennten sich daraufhin von ihrem Manager), oder dass sie sich im Musikladen anhören müssten, dass die Gitarre, die sie kaufen wollten, doch sicher für ihren Freund bestimmt sei.
Reaktionen dieser Art zeigen für mich jedoch lediglich auf, dass eben noch Einiges zu tun bleibt, bis frau als Rockerin so ernst genommen wird wie ihr männliches Pendant.
Alana, Este und Danielle Haim lassen sich davon auch zum Glück nicht entmutigen. Und ich bin längst nicht erst seit Alanas Schauspieldebüt im Film „Licorice Pizza“, mit dem sie hierzulande auch einem größeren Publikum bekannt wurde, ein großer Fan.
Wem Haim noch kein Begriff ist, dem würde ich zum Beispiel diesen Auftritt empfehlen:
https://rocknblues.online/haim-performs-fleetwood-macs-oh-well-live-at-t-in-the-park-bbc/
Das letzte Rockkonzert, das ich vor der Pandemie besuchte, gehörte der aus Olympia (Washington) stammenden Kombo Sleater Kinney. Die Formation um die beiden Frontfrauen Carrie Brownstein und Corin Tucker gründete sich im Zuge der Riot-Grrrl-Bewegung in den 1990er Jahren und, wie soll ich sagen, diese Band kann es einfach: von ruhigeren Klängen bis zu schnellen Bässen und Rhythmen liefern sie mir alles, was ich mir von einer Rockband wünsche und durch das Ganze ziehen sich die unverwechselbaren und facettenreichen Stimmen der beiden Frontfrauen. Bis heute denke ich mit Begeisterung an das Konzert, das die Band im Rahmen ihrer letzten Tour in der Frankfurter Batschkapp gab, zurück – und freue mich aufs nächste. Falls Dein Interesse geweckt ist, gibt es zum Beispiel hier einen Eindruck:
https://www.youtube.com/watch?v=ncvLw0mCO1g&list=RDMM3XO9B2wQKEc&index=9
Es muss ebenfalls in den 90er Jahren gewesen sein, dass mir mein damaliger Klavierlehrer ein neues Stück gab, das ich üben sollte. Wie das so seine Art war, sagte er mir zuerst nicht, von wem es war und wie es hieß, aber als ich es dann erfragte, war meine Neugier sofort geweckt und mehrere Besuche im CD-Geschäft (genau, so etwas gab es damals…), bei denen ich meine CD-Sammlung um Werke der Künstlerin Tori Amos erweiterte, sollten folgen. Gleich mal vorab: Tori Amos ist nicht hitverwöhnt. Sie bezeichnete sich selbst einmal als „[…] acquired taste. I am anchovies. And not everyone likes those hairy little things. If I were potato chips, I could go more places.” und lediglich ihr 1994 erschienenes Album “Under The Pink” (Hört es Euch an. Es ist großartig.) konnte den begehrten 1. Platz der UK-Charts erobern. Für ihre eingeschworene Fangemeinde, zu der ich mich auch zähle, hat sie ungeachtet dessen Kultstatus. Sie vollführt bei Live-Auftritten ein wahres Feuerwerk, spielt mit einer Hand Orgel und gleichzeitig mit der anderen auf dem von ihr selbst oft besungenen Bösendorfer und bringt auch sonst eine Show auf die Bühne, die sich gewaschen hat. Kaum zu glauben, dass sie vor Erscheinen ihres vorletzten Albums gedacht hatte, sie sei nun zu alt für das Musikgeschäft und müsse den Stift so langsam niederlegen. Gut, dass sie es sich noch einmal anders überlegt hat, wobei sie sich für ihre treue Fanbase sowieso längst unsterblich gemacht und in den Rock-Olymp hinaufgespielt hat.
Der ganz, ganz große kommerzielle Erfolg blieb auch den Indie-Singer-Songwriterinnen Amber Rubarth (http://www.amberrubarth.com/) sowie Jess Wolfe und Holly Laessig von Lucius (https://ilovelucius.com/) bislang noch verwehrt. Auch diese drei Frauen gehören zu den zahlreichen Frauen im Rockgeschäft, die ich bewundere und verehre, von deren Schaffen ich mich im Alltag inspirieren lasse und deren Musik mir ruhespendende Oase und sprudelnde Energiequelle in einem ist. Lucius bestechen außerdem durch grandiose Bühnenoutfits und wunderschöne Harmonien sowie inspirierende Texte und außergewöhnliche Instrumentierung. Für Amber Rubarth durfte ich ein kleines Konzert in einer Kölner Eckkneipe organisieren und es berührt mich bis heute, wie atemlos der Raum an dem Abend war und ihrer großartigen Stimme lauschte.
Nun blicken natürlich auch die genannten Frauen bereits auf mehrere Generationen außergewöhnlicher Musikerinnen zurück. Und ich könnte weiter berichten, über Suzanne Vega, über Vienna Teng, Clara Schuman, Nina Simone, Megan Slankard (die in diesem Blog schon einmal einen Auftritt hatte), Aretha Franklin, Judith Holofernes, Tracy Chapman, Sara Bareilles, Zaz, Dolly Parton, Rachael Sage, Katie Herzig, und so viele Weitere mehr. Eben das ganze Spektrum genialen weiblichen Musikschaffens, das sich durch meine Playlisten zieht und deren Stimmen ich nicht müde werde zu lauschen.
Liebe Leser*innen,
ich hoffe, ich konnte Euch etwas inspirieren. Wenn ihr Bands oder KünstlerInnen kennt, von denen wir wissen sollten, schreibt uns! Wir können von Musik nicht genug bekommen und freuen uns auf Anregungen. :)
Titelfoto: fotolia
Foto Tori Amos: Deutschlandfunk